Pressemitteilung
Günter Baumann
Mitglied des Deutschen Bundestages
Berlin, 08.09.2004
Baumann: Rot-Grün verweigert Aufarbeitung von SED-Unrecht
Anlässlich des rotgrünen Mehrheitsvotums im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gegen fünf Petitionen von Opfern des „Notarbetrugs“ in der ehemaligen DDR erklärt der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Petitionsausschuss Günter Baumann MdB:
Der so genannte Notarbetrug bei landwirtschaftlichen Grundstücksverkäufen ist eines der noch dunkelsten und kompliziertesten Kapitel aus der Geschichte des SED-Unrechts. Die fünf Petitionen, die dem Petitionsausschuss zur Abstimmung vorlagen, beschreiben ein regelmäßig wiederkehrendes Muster der Täuschung durch DDR-Notare, die in allen Fällen faktisch zu einer entschädigungslosen Enteignung der Betroffenen führte.
Laut Schätzungen von Betroffenen soll es in ca. 200 Fällen in der DDR zum so genannten Notarbetrug gekommen sein. Dabei verkauften in der Regel Landwirtschaftsfamilien Haus, Hof und Garten an eine Privatperson. Der staatliche Notar hat aber im Kaufvertrag nicht nur den Eigentumsübergang von Haus und Hof (und Garten), sondern auch der gesamten landwirtschaftlichen Fläche beurkundet – gegen den erklärten Willen der Verkäufer. Diese erhielten nur den für Haus und Hof vereinbarten Preis und gingen nicht zuletzt deshalb davon aus, weiterhin Eigentümer der landwirtschaftlichen Nutzflächen zu sein, deren Wert bei den Verkaufsverhandlungen nie Thema war.
Erst nach der Wende haben die Betroffenen beim Grundbuchamt erfahren, dass sie ihre gesamten landwirtschaftlichen Grundstücke ohne jegliche finanzielle Kompensation verloren hatten. Für die Käufer dagegen stieg der auf unlautere Weise entstandene Mehrwert des Kaufvertrages durch die Wende in unerwartete Höhen: zwanzig Hektar, die zu DDR-Zeiten einen Wert von 30.000 Mark hatten, konnten plötzlich eine Million D-Mark wert sein.
Politische Brisanz bekommen diese Fälle durch Zeugenaussagen, denen zufolge die Notare „auf mündliche Anweisung von staatlichen Stellen“ gehandelt haben; dies mitunter auch in Widerspruch zum geltenden DDR-Recht, das zum Beispiel die Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen an Nichtlandwirte untersagte.
Die Arbeitsgruppe Petitionen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat zu diesen Fällen von Notarbetrug umfangreiche Recherchen unternommen. Trotz unserer intensiven Bemühungen, die Regierungskoalition hierbei einzubinden, hat Rot-Grün mit der einen Stimme Mehrheit im Ausschuss die vorliegenden fünf Petitionen ohne Aussprache zu den Akten gelegt. Den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Petitionen der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, um nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen, lehnten SPD und Grüne ab. Darüber hinaus verhinderte die Ausschussmehrheit ohne wirklichen Grund die Darstellung wesentlicher Fakten in der Begründung der Beschlussempfehlung, die zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts unerlässlich wären. Damit verweigert sich Rot-Grün erneut der Aufarbeitung von SED-Unrecht.