Wahlkreisabgeordneter Günter Baumann (CDU) berichtet für den Wochenspiegel
Neiddebatte West gegen Ost hilft Niemandem
In den letzten Wochen kam es zu einer Debatte angestoßen durch Oberbürgermeister
aus Nordrhein-Westfalen zum Solidarpakt II bzw. zu einer Debatte „Abschwung
West“ gegen „Aufbau Ost“. Wieso gerade jetzt dieser Vorstoß den Solidarpakt II
vor 2019 zu beenden kam, ist sicherlich dem Wahlkampf in NRW geschuldet. Zur
Förderpolitik für die Neuen Bundesländer wurde auch im Innenausschuss am
Mittwoch in dieser Sitzungswoche vom 26. - 30.03.2012 ein Gutachten des
Instituts für Wirtschaftsförderung Halle zum „wirtschaftlichen Stand und
Perspektive für Ostdeutschland“ vorgestellt.
Ich möchte aufzeigen, warum die sehr polemisch geführte Diskussion in die Irre
führt.
Eingehend muss man festhalten, dass der Solidarpakt, der 1991 eingeführt wurde,
mit 5,5% der Einkommenssteuer von West- und Ostdeutschen finanziert wird. Nach
wie vor sind die Kommunen in Ostdeutschland finanziell schwächer als in
Westdeutschland. Selbst die Ballungsgebiete wie Dresden und Leipzig erreichen
bei der Einkommensteuer nur rund 65% der eher schwächeren Städte wie Dortmund
oder Duisburg. Dies bedingt sich durch die niedrigeren Einkommen in
Ostdeutschland. Im Durchschnitt verdient man in Sachsen im Jahr 15.503 Euro in
NRW 22.723 Euro. Dies führt wiederum zu geringerer Kaufkraft. Darüber hinaus ist
die Arbeitslosenquote mit 11, 2 % immer noch fast doppelt so hoch in den
ostdeutschen Bundesländern als im Westen mit 6,2 %.
Auf lange Sicht ist die Wirtschaftskraft das entscheidende Kriterium. Sachsen,
als wirtschaftsstärkstes neues Bundesland, erreicht 75% des Bruttoinlandsprodukt
des Westdurchschnitts. Bergründet liegt dies in der Kleinteiligkeit unserer
Wirtschaft. Kein einziges DAX-Unternehmen und keine Führungszentrale eines
Großunternehmens hat seinen Sitz in Ostdeutschland.
Gerade im Hinblick auf die strukturellen Nachteile hat der Solidarpakt nach wie
vor seine Berechtigung.
Günter Baumann: „Eine Neiddebatte West gegen Ost als Wahlkampfthema ist
keineswegs hilfreich und dient nur der Verunsicherung der Menschen, da mit
falschen Argumenten Stimmungen aufgebaut werden sollen. Nach der friedlichen
Revolution in Ostdeutschland ist es unsere gemeinsame gesamtdeutsche Aufgabe die
Lebensverhältnisse in den Neuen Bundesländern schrittweise zu verbessern und
anzupassen.“
Sicherlich ist hierfür auch eine andere Form der finanzielle Förderung nach 2019
von Nöten. Diese muss nachhaltig und weitsichtig aufgebaut werden und nicht nach
Himmelsrichtungen sondern nach reeller Bedürftigkeit von Kommunen und Regionen
gestaltet werden. Bereits heute fließen Bundesfördermittel in der Regel aufgrund
bundesweit einheitlich definierten Kriterien. Dies führt aufgrund der
strukturellen Schwächen Ostdeutschlands oft zu einem höheren Anteil an den
jeweiligen Programmen für Ostdeutschland.
Berlin, am 30.03.2012