12.02.2009

 

Redebeitrag von Günter Baumann, MdB

TOP 7, am 12.02.2009:
1. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 45 c) Drs. 16/10397
2. Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages – Petitionsgesetz Drs. 16/385
 


 

  

Sehr geehrter Herr Präsident,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

 

Zum wiederholten Mal fordert die Fraktion Die Linke oder früher PDS ein Petitionsgesetz und damit wollen sie zum Ausdruck bringen, dass unsere Regularien zum Petitionswesen nicht funktionieren oder nicht ausreichen würden.

Dem möchte ich ganz klar widersprechen.

 

Unsere Tätigkeit im Petitionsausschuss beruht auf verschiedenen Grundlagen,

Artikel 17 des Grundgesetzes, der §§ 108 bis 112 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und auf Verfahrensgrundsätzen, die wir als flexibles Instrument bei Notwendigkeit verändern können und auch in der letzten Zeit verändert haben.

Ich vertrete die Meinung und die Statistik bestätigt mir dies, dass sich unser  Petitionswesen bewährt hat und von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen wird:

 

·        Jährlich etwa 17.000 Petitionen,

·        Mit Mehrfach- und Sammelpetitionen wanden sich in den letzten beiden Jahren jeweils  insgesamt ca.  400.000-500.000 Bürgerinnen und Bürger an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, ein hoher Vertrauensbeweis

·        Neuerungen, die den Zugang zum Petitionsrecht ausgeweitet und vereinfacht haben, wie E-Mail und öffentliche Petitionen wurden schnell und sehr stark angenommen,

·        Besonderen Rechte: Ortstermine, Akteneinsicht, Ladung von Regierungsvertretern

 

Der Petitionsausschuss ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Lande, dem Parlament und der Regierung.

Mit unserer Arbeit helfen wir auch Politikverdrossenheit mit abzubauen und manchmal verloren gegangenes Vertrauen in die Politik oder in die Umsetzung unserer Gesetze vor Ort zurückzugewinnen.

Auf diesem bewährten Weg sollten wir weiterarbeiten und unser System der Petitionsmöglichkeiten noch stärker den Menschen näher bringen, zum Beispiel mit unserer Präsentation bei Messen.

Das Petitionswesen ist ein hohes Gut, hier wird der Einzelne mit seinem Anliegen genauso wahrgenommen, wie derjenige der sich in einer großen Unterschriftenaktion hilfesuchend an das Parlament wendet.

 

Unsere grundgesetzliche Aufgabe, sich um die Sorgen und Nöten in konkreten Einzelfällen zu kümmern funktioniert sehr gut.

 

Wozu also ein bewährtes Instrument verändern.

 

Wenn man den Entwurf der Linksfraktion näher betrachtet, stellt man fest, dass hier der Versuch unternommen wird das Petitionswesen letztlich vollkommen umzugestalten und zu einem Instrument der Minderheiten und damit natürlich der  Parteipolemik zu machen.

Viele der heutigen Vorschläge hatte die PDS bereits in der 14. Wahlperiode eingereicht, sie sind leider heute nicht besser geworden.

 

Ein Beispiel, wie sie mit ihrem Petitionsgesetz Parteipolemik machen wollen:

 

Sie fordern, dass der Petitionsausschuss Sachverhalte selbst aufgreifen und sich mit ihnen befassen kann, wenn diese im Zusammenhang mit Inhalten von ihm bearbeiteter Petitionen stehen.

Er muss dies tun, wenn 5 % der Mitglieder des Petitionsausschusses dies fordern.  5 % dies entspricht 1,25 Abgeordnete!!!

Ich kann mir lebhaft vorstellen, welche politischen Debatten, die hier im Plenum keine Mehrheit gefunden haben, dann Gegenstand von Beratungen im Petitionsausschuss sein werden. Und hier bin ich mir sicher, dass diese Auseinandersetzungen nur im Interesse bestimmter politischer Parteien geführt werden.

Dies kann nicht im Interesse unserer Demokratie sein.

 

Ein weiteres Beispiel,  sie fordern im § 13 grundsätzliche Öffentlichkeit der Beratungen im Petitionsausschuss. Aus der täglichen Arbeit wissen wir, nicht jede Petition eignet sich zur öffentlichen Beratung, hier stoßen wir nicht nur auf datenschutzrechtliche Grenzen.

Im Übrigen besteht bereits die Möglichkeit bei öffentlichen Petitionen auch öffentlich zu beraten, wenn gewisse Kriterien eingehalten sind. 

 

Auch ihren Vorschlag ein besonderes Verfahren bei „Mehrfachpetitionen“ mit einem Quorum von 20.000 einzuführen lehnen wir entschieden ab. 

Hier versucht die Linkspartei im Wege einer extensiven Interpretation des     Art. 17 GG quasi plebiszitäre Elemente zu konstruieren und damit die

Einführung eines Volksbegehrens auf Bundesebene.

Massenpetitionen oder wie Sie es nennen Mehrfachpetitionen dürfen demnach auch deshalb keinen plebiszitären Charakter haben, weil das Petitionsrecht eben nicht nach Wahlrechtsmündigkeit und Staatsangehörigkeit fragt.

Sie können zwar ein politisches Anregungsrecht sein, aber kein politisches Mitwirkungsrecht.

 

Die Erstreckung auf „Jedermann“ in Art. 17 GG weist auf ein bürgerliches Grundrecht und eben gerade kein staatsbürgerliches Grundrecht hin, das Wahlrechtsmündigkeit und Staatsangehörigkeit voraussetzt.

 

Ihre Vorstellungen zur Beweiserhebung in § 10 sind abenteuerlich, wir sollen Zeugen vernehmen, Zeugen vorführen lassen, Zeugen und Sachverständige vereidigen lassen, können Ordnungsstrafen verhängen usw.

Der Petitionsausschuss ist gerade kein Untersuchungsausschuss mit gewissen Zwangsrechten.

Der Petitionsausschuss ist auch kein Fachausschuss.

Das Petitionsverfahren soll auch keinen zweiten Weg für Gesetzesinitiativen schaffen und er ist auch kein Kontrollorgan mit dem ein Einzelner neben dem Parlament die Bundesregierung kontrollieren kann. 

 

Wir haben eine andere Vorstellung von der Bearbeitung von Bürgerproblemen als die Linksfraktion.

Für uns entsteht immer öfter der Eindruck, dass die Linkspartei den Petitionsausschuss mit einzelnen Petitionen bzw. Sammelpetitionen, die sie nach meiner Vermutung zum Teil selbst auf den Weg gebracht hat, politisch und populistisch instrumentalisieren will.

Dies werden wir nicht zulassen.

 

Ich denke hier auch zum Beispiel an die politische Vermarktung und damit den Missbrauch von öffentlichen Übergaben von Petitionen durch die Linken.

Im Ergebnis mussten wir die öffentliche Übergabe abschaffen.

 

Ihre geplante Veränderung der Petitionsberechtigung aus Art. 17 GG von „Jedermann“ in „Jeder Mensch“ ist ebenfalls nicht nach vollziehbar.

In der 14. WP forderten sie noch eine Änderung in „jede Frau und jeder Mann“.

Ihre Vorschläge machen heute wie damals keinen Sinn.

Das Verfassungsbeschwerderecht in Deutschland wird auch kurz und eindeutig „Jedermann“ zugestanden.

 

Ich komme zum Schluss:

 

Uns liegen zum wiederholten Mal zwei untaugliche Gesetzentwürfe der Fraktion Die Linke zur Veränderung des Petitionswesens vor.

Das Petitionsrecht soll instrumentalisiert werden, dies können wir nur ablehnen.

 

Unser Petitionswesen funktioniert und die  Bürgerinnen und Bürger nehmen es an und wir haben die Möglichkeiten der flexiblen Gestaltung und der Einführung von Veränderungen, wenn diese von der Mehrheit gewollt sind.