13.11.2008

 

Günter Baumann, MdB (CDU/CSU- Fraktion)

Plenarrede zu Top 45 a) und b) am Donnerstag, den 13. November 2008:
Gesetzentwurf der Bundesregierung:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitgesetzes  (Drs.: 16/10528, 16/10695)

Gesetzentwurf des Bundesrates: Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitgesetzes (Drs. 16/5107)

Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes (Drs. 16/2650)

Antrag DIE LINKE: Einbürgerungen erleichtern- Ausgrenzungen ausschließen (Drs. 16/1770)

Antrag DIE LINKE: Für die Abschaffung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz (Drs. 16/9165)
Antrag DIE LINKE:
Klare Grenzen für die Rücknahme und den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ziehen (Drs. 16/9654)


 


 

 

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist der Abschluss eines erfolgreichen Integrationsprozesses

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

wir beraten in 2./3. Lesung abschließend die Gesetzentwürfe der Bundesregierung, des Bundesrates, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die drei Anträge der Linksfraktion zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes.

Der vorliegende Entwurf der Koalition setzt im Wesentlichen die höchstrichterliche  Rechtsprechung um. Dabei ist zu bemerken, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit von Rücknahmeentscheiden grundsätzlich bejaht, auch wenn dem Betroffenen die Staatenlosigkeit droht. Für den Gesetzgeber hatte sich jedoch Regelungsbedarf bei bestimmten Fallkonstellationen herauskristallisiert. Entscheidend werden mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vier Problemkomplexe (16/ 10528) geregelt.

1.    Eine klare Definition unter welchen Gesichtspunkten ein deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann

2.    Die Befristung der Rücknahmenetscheidung

3.    Frage der Wirkung auf schutzbedürftige Belange unbeteiligter Dritter infolge der Rücknahme  einer Einbürgerung

4.    Die Auswirkung auf die Staatsbürgerschaft von Kindern bei erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft

 

Die Rücknahme der deutschen Staatsbürgerschaft droht nur, wenn einer oder mehrer der folgenden Tatbestände vorliegen:  arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung. Ferner auf Entscheidungen, die durch bewusst unrichtige oder unvollständige, für den Antrag jedoch wesentliche Angaben erwirkt wurden. Dies ist für mich eine folgerichtige Entscheidung. Denn wer den Staat und damit unsere Rechtsordnung wissentlich täuscht, verdient nicht noch als Belohnung die deutsche Staatsbürgerschaft. Somit ist für mich auch die vorgeschlagene Regelung der Linkspartei entschiedenst abzulehnen, in der sie fordern, dass auch derjenige die deutsche Staatsbürgerschaft behalten soll, der sich diese durch Täuschung erschlichen hat. Dies verdeutlicht wieder einmal die konträre Haltung der Linkspartei zu unseren freiheitlich demokratischen Grundsätzen.

 

Auch bei der Befristung von Rücknahmeentscheiden sind wir, denke ich, zu einer guten Lösung gekommen. Dieser Gesetzentwurf beschränkt die Möglichkeit der Rücknahme einer deutschen Staatsbürgerschaft auf eine Zeitspanne von fünf Jahren nach der Einbürgerung. Sogar BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN haben an dieser getroffenen Regelung nichts auszusetzen. Ich nutze hier die Gelegenheit gleich auf den Gesetzentwurf (16/ 2650) von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN etwas näher einzugehen. Und wieder einmal erliegt die Fraktion  BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN der Annahme, dass Migranten, die dauerhaft in Deutschland leben automatisch integriert wären. Deshalb fordern sie auch, dass die Prüfung der Sprachkenntnisse, die eine Voraussetzung für die Einbürgerung darstellt, für über 54-jährige, die seit mindestens 15 Jahren in Deutschland leben und für unter 14-jährige, die hier zur Schule gehen, abzuschaffen. Ich fürchte ich muss mich auch hier wiederholen: Ein 15-jähriger Aufenthalt in Deutschland ist nicht automatisch mit genügend deutschen Sprachkenntnissen gleichzusetzen. Schon allein der Integrationsgipfel hat gezeigt, dass eben ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und damit weniger Chancen auf gute Bildung und Lehrstellen haben. Werte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, es sollte bei all Ihren Forderungen auch bedacht werden, dass die Einbürgerung den Abschluss einer erfolgreichen Integration darstellt und nicht vorab wahllos verteilt wird.

 

Ein zentraler Punkt bei dem Handlungsbedarf besteht, ist die Frage, wie sich eine Rücknahme einer Staatsbürgerschaft auf Dritte auswirkt, die nicht selbst getäuscht haben, aber im Zusammenhang mit der erschlichenen Staatsbürgerschaft ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben. Ich denke, hier wurden tragfähige Regelungen in das Gesetz eingebracht. Für miteingebürgerte Dritte, deren Einbürgerung als Ehepartner oder Kind akzessorisch zur Einbürgerung der antragstellenden Person ist, ist bei der Rücknahme der Einbürgerung eine eigene Ermessungsentscheidung vorgesehen. Es ist dabei zu prüfen, ob die miteingebürgerte Person an der arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an den wissentlich unrichtigen oder unvollständigen Angaben beteiligt war. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob diese Person sich inzwischen einen eigenen Einbürgerungsanspruch erworben hat oder ob sich die Person gut integriert hat. Somit werden die schutzwürdigen Belange Dritter mit der Herstellung gesetzmäßiger Zustände abgewogen.

Eine weitere Fallkonstellation stellen Kinder dar, die durch eine erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft eines deutschen Staatsbürgers, ihre deutsche Staatsanghörigkeit verlieren können. In Anlehnung an ein Verfassungsgerichtsurteil  werden diese Fälle so geregelt, dass ein Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft nicht eintreten soll, wenn das Kind älter als fünf Jahre ist. Denn es wird davon ausgegangen, dass ein Kind unter fünf Lebensjahren noch kein Bewusstsein von ihrer Staatsangehörigkeit haben und somit auch nicht Art. 16 Abs 1 Satz 1 GG berührt wird.

 

Über die Regelung dieser Problemkomplexe hinaus halte ich die Einführung einer Strafvorschrift, wie sie der Bundesrat gefordert hat, für sachgerecht. Hierbei kann der Betroffene mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe belegt werden, wenn er unrichtige oder unvollständige Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung macht oder benutzt, um für sich oder andere eine Einbürgerung zu erschleichen. Diese Regelung Täuschungsverhalten strafrechtlich zu ahnden, knüpft an bereits bestehende Regelungen des Bundesvertriebengesetzes und des Asylverfahrens an. Denn laut Bundesrat sind Fälschungen von Identitätspapieren für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft keine Einzelfälle. Um diesen Täuschungen vorzubeugen, unterstütze ich voll und ganz eine strafrechtliche Verfolgung.

Denn auch hierbei  ist der Aspekt der inneren Sicherheit Deutschlands und der Gefahr des internationalen Terrorismus Rechnung zu tragen. Denn gerade die Einbürgerung könnte auch von Extremisten als Mittel zur Vorbereitung und Ausübung von Terroranschlägen genutzt werden.

Infolgedessen kann das Plenum des Deutschen Bundestages nur zu einem Votum kommen: Den Gesetzentwurf der Bundesregierung in geänderter Fassung anzunehmen und die weiteren Gesetzesentwürfe und Anträge abzulehnen.