10.03.2017

 

Redebeitrag Günter Baumann, MdB

TOP 30 a) und b) am Donnerstag, den 09. März 2017:
 

a) 2./3. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz
von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik
(Drs. 18/10939, 18/11282,…)

b)
2./3. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes-
Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglich großflächigen Anlagen und im öffentlichen
Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz)
(Drs. 18/10941, 18/11183, …)

 

 

 

Sehr geehrte Herr Präsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

ein Bundespolizist geht im Hauptbahnhof Hannover Streife und hat die Aufgabe auf die Einhaltung der Sicherheit zu achten. Er ist ausgebildet und geschult darauf alles wahrzunehmen, was eine Gefahr darstellen kann oder zu einer Gefahr werden könnte. Bei der Personenkontrolle eines 16 -jährigen Mädchens rammt diese spontan dem Polizisten ein Messer in den Hals.

 

Bei einer Demonstration in Berlin geraten Polizisten zwischen die Fronten randalierender Chaoten und werden mit Pflastersteinen beworfen und schwer verletzt.

Dies sind nur zwei Beispiele, die aus meiner Sicht symbolisch sind für die leider in unserem Land in der letzten Zeit sehr starken Zunahme von Gewalt und vor allem von Gewalt gegen Polizisten in den verschiedensten Situationen.

 

Bei normalen Streifengängen, bei Einsätzen bei Fußballspielen oder Demonstrationen stellen wir eine steigende Anzahl von Angriffen auf Polizisten und vor allem eine Zunahme an schweren Körperverletzungen fest.

Im Jahr 2015 mussten wir fast 15.000 Fälle leichter Körperverletzung und über 4.000 Fälle schwerer und gefährlicher Körperverletzung gegenüber Polizistinnen und Polizisten feststellen.

 

Dies war jeweils ein erheblicher Anstieg zum Vorjahr von 8,6 Prozent bzw. von 4,9 Prozent.

 

Die Politik ist gefordert zu handeln. Sie muss alle ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um vor allem auf das absolute Absinken von Hemmschwellen bei Angriffen gegen Polizeivollzugsbeamte zu reagieren.

 

Wir wissen, dass es keine absolute Sicherheit geben kann, aber ich vertrete die Meinung, dass wir uns als Politiker mitschuldig machen, wenn wir nicht alle unsere Möglichkeiten zu einer Verbesserung der Sicherheitslage ausschöpfen.

 

Ob alle Gesetzlichkeiten für mehr Sicherheit in der Vergangenheit immer effektiv genug waren, kann durchaus angezweifelt werden.

Auch der Abbau von Polizeikräften in den meisten Bundesländern und die Stagnation bei Beschäftigtenzahl in der Bundepolizei dienten nicht der Erhöhung der Sicherheit. Dieser Abbau wurde in der Vergangenheit aufgrund von Entwicklungseinschätzungen getroffen, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Wir haben als Koalition darauf geantwortet und das größte Stellenzuwachsprogramm für die Bundespolizei und Sicherheitsdienste des Bundes mit den letzten Bundeshaushaltsgesetzen gestartet. Die meisten Bundesländer ziehen mit und vergrößern ihr Sicherheitspersonal wieder.

 

Aber was wir auch wieder mehr benötigen in unsere Gesellschaft, ist Respekt und Achtung des Gegenübers, egal ob Nachbar, Fremder oder Sicherheitskraft. Die Vermittlung moralischer Grundwerte muss wieder stärker auf der Agenda stehen, das fängt in den Elternhäusern und Schulen an und geht bei der Berichterstattung in manchen Medien weiter.

 

Wir legen heute als Koalition einen weiteren Baustein für mehr Sicherheit in unserem Land und für einen besseren Schutz unseren Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei vor.

 

Der einjährigen Feldversuch und die Praxis mehreren Bundesländern haben gezeigt dass BodyCams dazu ein wichtiger Baustein sein können.

 

 

In der Auswertung des Versuches gaben die Bundespolizeibeamten an, dass sie zu 92% die Einführung von BodyCams für sinnvoll halten, 67% gaben außerdem an, dass sich das polizeiliche Gegenüber weniger aggressiv verhalte und 76% sehen einen Nutzen für ihre Eigensicherung.

 

 

Das heißt diese BodyCams sowohl präventiv, d.h. als Abschreckung für einen möglichen Gefährder und auch repressiv; d.h. für eine Aufklärung von Straftaten von Nutzen ist.

 

Die Kameras bewirken ein deeskalierendes Verhalten des Gegenübers, sobald die Kameras sichtbar sind bzw. deren Einsatz angekündigt wird. Die Kooperationsbereitschaft in Kontrollsituationen nimmt deutlich zu und die sonst oft zu beobachtenden Solidarisierung unbeteiligter Dritter ist kaum noch zu beobachten.

 

Der Einsatz der BodyCams ist darüber hinaus auch ein Schutz für die Bürgerinnen und Bürger, denn Mithilfe der Aufzeichnungen können auch mögliche Verfehlungen der Polizeivollzugbeamten nicht nur dokumentiert werden, sondern auch zur Anzeige gebracht werden.

 

Bei der Anhörung am letzten Montag im Deutschen Bundestag zu diesem Gesetzentwurf haben fast aller Fachexperten unisono deutlich gemacht, dass der Einsatz von BodyCams richtig, sinnvoll und angemessen ist und dass auch die Datenverwertbarkeit sichergestellt ist.

 

Die Umsetzung dieses Gesetzes entbindet uns aber nicht von anderen wichtigen Bausteinen für unsere Sicherheit wie eine weitere Verbesserung der Personalausstattung, bessere materielle Ausstattung und eine stärkere Aufklärung in unserem Land.

 

Wie wir auch heute hier wieder in dieser Debatte die Anschuldigungen der Opposition /oder Linke gehört haben: hier ist immer wieder die Rede von permanenter Videoüberwachung, Überwachungsstaat, Missachtung der Persönlichkeitsrechte, Missachtung der informationellen Selbstbestimmung, Manipulation- und Selektion der Videoaufzeichnungen durch die Polizei. Zudem würde die mobile Videotechnik keine Straftaten verhindern.

 

So wird die Opposition auch kritisieren, dass die von mir gebrachten Beispiele von Beginn meiner Rede durch den Einsatz von BodyCams nicht verhindert worden wären. Aber ich entgegne, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden hätte, dass wir durch eine abschreckende Wirkung der Kameras die Täter abgehalten eine Straftat zu begehen. Ich bleibe dabei, es ist eine weiteren Baustein unserer Sicherheitsarchitektur, den wir für den Schutz unserer Polizisten und zur Ermittlung von Tätern nutzten sollten.

 

Und ich möchte hier doch auch festhalten, dass jede nicht begangene Straftat ein Erfolg ist.

 

Body-Cams lösen sicherlich nicht alle Probleme, das Gesetz ist jedoch angemessen und zeigt in die richtige Richtung. Dies haben auch die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung bestätigt.

 

 

Im Gesetz wird weiterhin eine automatisierte Kraftfahrzeug-Kennzeichenerfassung geregelt, die bei besonderen Lagen eingesetzt werden kann, um schneller Straftaten die im Zusammenhang mit Fahrzeugen begangen werden, zu erfassen.

 

Auch hier wird es keine perfekte Aufklärung geben, aber es ist wieder ein Baustein mehr schneller Straftaten zu erfassen und aufklären zu können. Es geht speziell um grenzüberschreitende Kriminalität, im Besonderen Organisierte Kriminalität, organisierte Wohnungseinbruchsbanden, Drogenhandel (hier ist der Kampf gegen Chrystal Meth zu nennen) und Autodiebstal. Anlasslos und flächendeckend wird dies nicht erfolgen, auch wenn die Opposition dies behauptet.

 

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz für mehr Sicherheit für unsere Polizistinnen und Polizisten und für eine bessere und schnellere Aufklärung und Verhinderung von Straftaten.