10.02.2012

 

Redebeitrag von Günter Baumann, MdB

zu Top 24 a und b der 157. Sitzung des Deutschen Bundestages am Freitag, den 10.02.2012:
Große Anfrage der Fraktion: Die Linke
„Deutsche Polizeiarbeit in Afghanistan“ (Drs. 17/1069, 17/2878)
und Antrag der Fraktion: Die Linke
„Abzug deutscher Polizisten aus Afghanistan“ (Drs. 17/4879, 17/8443)
 


 

  

Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Dieser Antrag zum sofortigen Abzug der deutschen Polizisten aus Afghanistan beweist wieder einmal mehr, dass die Linken Probleme mit unserer freiheitlich demokratische Grundordnung und zu unseren internationalen Verpflichtungen und Hilfeleistungen haben.

Ich möchte hier ausdrücklich betonen: Dieser Antrag ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die ihr Leben in Auslandmissionen für Freiheit und Demokratie riskieren!                                                                           

Auch mit anderen Anträgen in der letzten Zeit haben sie aus ihrer Haltung zu unserem Rechtsstaat kein Hehl gemacht.                             

Ich denke hier an den Antrag zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Angehörige der Bundespolizei oder der Antrag, den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei massiv zu beschränken oder aber auch die unfassbaren Äußerungen ihrer Parteivorsitzenden zum Weg zurück zum Kommunismus.

In Afghanistan geht es um eine Friedensmission, zur Hilfe der seit Jahrzehnten unterdrückten Bevölkerung eines Landes. Hier beteiligt sich Deutschland in einer internationalen Mission von 47 Staaten.

Eine breite Mehrheit dieses Parlamentes hat die Einsätze beschlossen.

Im Jahr 2011 waren insgesamt rund 770 Beamte von Bundespolizei, Bundeskriminalamt, Zoll und Länderpolizeien an 7 Friedensmissionen der Europäischen Union, an 4 Missionen der Vereinten Nationen und in 3 bilateralen Projekten in den verschiedensten Krisenregionen in der Welt engagiert.

Hierbei tun sie ihr bestes, um die jeweilige Region zu stabilisieren, demokratische Werte zu vermitteln und Sicherheit und Freiheit vor Ort zu fördern. Eine Hilfe für die Menschen unmittelbar vor Ort.

Dieser Arbeit, oft unter schwierigen Bedingungen, gebührt unser Respekt und ich möchte auch von dieser Stelle aus allen Beteiligten für ihren Einsatz danken.

Deutschland hilft in Afghanistan seit 2002 beim Aufbau einer Polizei. Und eine funktionierende und rechtsstaatliche Polizei ist Grundlage zur Stabilisierung des Staates.

Die Ausbildung afghanischer Polizeikräfte verläuft keineswegs desaströs, wie die Linksfraktion behauptet. Natürlich gibt es andere Probleme und auch Schwierigkeiten wie bei der Polizeiausbildung in einem mitteleuropäischen Land.

Mit Stand Oktober 2011 gibt es rund 139.000 afghanische Polizisten.  Ziel ist es, diese Zahl auf 157.000 bis Oktober 2012 zu erhöhen. Deshalb wird sich Deutschland auch weiterhin mit bis zu 200 deutschen Polizisten bei der Aus-und Fortbildung einbringen.

Ziel ist es, eine selbständig arbeitende Polizei zum Schutz eines eigenständigen Staates Afghanistan aufzubauen. Deutschland leistet damit Entwicklungshilfe beim Staatsaufbau.

Hilfreich haben sich bei der Ausbildung dabei die deutschen Polizeitrainingszentren erwiesen.

Mit dem „Train-the-Trainer-Programm“ wurden bisher 450 afghanische Polizisten zu Trainern qualifiziert. Ein erfolgreicher Weg.                                                                            

Es ist vieles erreicht worden, aber es gibt natürlich auch Rückschläge und große Herausforderungen, wie Korruption oder die hohe Analphabetenrate.

Aber, meine Damen und Herren der Linksfraktion, kann auf diese Schwierigkeiten nicht der sofortige Abzug unsere Polizeiausbilder die Antwort sein. Das wäre der falsche Weg.

Wir müssen uns mit unseren internationalen Verbündeten diesen Herausforderung stellen.                                                                        

Denn das langfristige Ziel ist es, durch einen geordneten Übergang und den Aufbau einer afghanischen Sicherheitsarchitektur die Souveränität des Landes Afghanistans herzustellen.

Konsequenz aus den Schwierigkeiten kann nicht ein überstürzter Abzug sein. Sondern eine Intensivierung unserer Bemühungen: Hierzu gehören Alphabetisierungskurse, Ausbildungseinheiten, die die Wahrung der Menschenrechte zum Inhalt haben und die Einführung einer transparenten Lohnüberweisung und Zahlung angemessener Gehälter, um damit auch die Korruption zu minimieren. 

Alle diese Maßnahmen bringen Schritt für Schritt Erfolg. Sicherlich ist dies mit Blick auf die Geschichte des Landes, das auf mehr als 30 Jahre Besatzung und Bürgerkrieg zurückblickt, nicht von heute auf morgen möglich.

Aber positive Entwicklungen sind sichtbar.

Deshalb ist einen Abbruch der Ausbildung zu fordern nicht nur naiv, sondern verantwortungslos gegenüber unseren internationalen Verbündeten aber insbesondere gegenüber dem afghanischen Volk.

Der Polizeieinsatz verlangt Engagement und Geduld. Diese Erfahrungen konnten wir auch auf dem Balkan sammeln. Es sind viele kleine Schritte und ein langer Atem nötig, um das Ziel, eine stabile Gesellschaft zu errichten, zu erreichen. Die Mission EULEX Kosovo unterstützen wir nach wie vor intensiv bei der Beratung der Ministerien, im Aufgabenbereich der Grenzpolizei oder bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Mit Beratung, Ausbildung und Mentoring unterstützen wir am effektivsten die Staaten auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.  Auch nach der Proklamation der Unabhängigkeit im Jahr 2008 unterstützen wir das Kosovo.

Dies wird auch unser Anspruch für Afghanistan sein. Auch wenn im Jahr 2014 die Sicherheitsverantwortung in afghanische Hände übergeht, werden wir und die internationale Staatengemeinschaft das Land unterstützen und nicht im Stich lassen, so wie es die Linkspartei von der Bundesregierung mit ihrem Antrag fordert.