10.06.2016
Redebeitrag Günter Baumann, MdB
TOP 29 am Freitag, den 10. Juni 2016:
1.
Lesung
Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen
Polizeibeauftragten des Bundes
(Bundespolizeibeauftragtengesetz- BPolBeauftrG)
Drs. 18/7616
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen
und Kollegen,
wenn wir heute über Bundespolizei sprechen, ist es als allererstes mein Anliegen
einmal Danke zu sagen.
Gegenwärtig hat die Bundespolizei eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe-
die Lage ist angespannt, Anzahl und Schwierigkeit der Einsätze nehmen zu, nicht
zuletzt angesichts der terroristischen Bedrohungen.
Sie leisten ihren Dienst für den Schutz der Bevölkerung, für unser aller
Sicherheit, nicht nur in Deutschland auch an anderen Brennpunkten, oft bis zur
Grenze ihrer Belastbarkeit und ihrer eigenen Gesundheit und sie müssen ihr Leben
leider viel zu oft aufs Spiel setzen.
Unser Ziel als Politiker muss sein: die Bundespolizei mit all unseren
Möglichkeiten zu stärken- hierzu gehört entscheidend eine personelle und
finanzielle Aufstockung, ich denke hier sind wir auf gutem Weg.
Aber auch ein gutes Klima in der Bundespolizei und das Verhältnis der
Bevölkerung zur Bundespolizei muss uns wichtig sein.
Was ist zu tun, wenn sich hier vereinzelt Probleme aufzeigen?
Es gibt bereits mehrere Möglichkeiten für Beschwerden über Polizeibeamte und
innerhalb der Bundespolizei
Bürgerinnen und Bürgern steht die unabhängige Justiz mit Staatsanwaltschaften
und Gerichten zur Verfügung
Bei Anzeige erfolgen staatsanwaltliche gegebenenfalls strafrechtliche
Überprüfungen polizeilichen Handels, bei Anzeige eines Polizeibeamten beauftragt
die zuständige Staatsanwaltschaft eine andere Polizeibehörde mit den
Ermittlungen- unabhängig und objektiv.
Weitere Möglichkeit: Dienstaufsichtsbeschwerde
Das Handeln des einzelnen Beamten wird überprüft und gegebenenfalls
disziplinarrechtlich geahndet oder auch ein Strafverfahren eingeleitet.
Eine Möglichkeit innerhalb Polizei gibt es noch: Die Einschaltung der Personal-
bzw. Interessensvertretung, Innenrevision und oder der Seelsorge
Der Bundespolizeipräsident hat schnelle reagiert auf die Vorkommnisse in
Hannover: Seit Mitte 2015 gibt es die Einrichtung einer Vertrauensstelle direkt
beim Präsidenten( ca. 20 Vorgänge derzeit) , sie wird angenommen, Beamte können
sich direkt dahin wenden ohne Einhaltung des Dienstweges und die Aufarbeitung
von Problemen hat bereits zu einigen Änderungen geführt- Handlungsempfehlung
wurden erstellt nicht nur für Hannover, sondern für alle Reviere
Nicht zu vergessen bei all den Beschwerdemöglichkeiten über Beamte aber auch
innerhalb der Sicherheitsbehörden ist das Petitionswesen
Erst gestern hatten wir die Möglichkeit hier im Plenum den Tätigkeitsbericht des
Petitionsausschusses für das Jahr 2015 vorzustellen- deshalb nur kurz:
Einreichen einer Petition ist ein Grundrecht, Artikel 17, dass ein Jedermann
ausüben darf.
Ich kann sagen, dass auch dieser Weg der Beschwerde bekannt ist und genutzt
wird.
Mehr als 13.000 Eingaben im Jahr 2015 von denen nach parlamentarischer
Bearbeitung 45 % positiv beschieden wurden.
Hier gibt es kein Thema dass es nicht gibt! Also auch von und über Polizei!
Bis dato kamen in der gesamten 18. Wahlperiode 67 Eingaben zum Oberbegriff
Bundespolizei.
Man könnte meinen, dass hier die Mehrzahl der Eingaben sich mit Beschwerden über
einzelnen Beamte und deren Maßnahmen bei Kontrollen, Demonstration oder
dergleichen befassen.
Dem ist nicht so: der Großteil der Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern möchte
eine Aufstockung der Bundespolizeikräfte, eine bessere Ausstattung und mehr
Präsenz auf Bahnhöfen, Wiedereinführung von Grenzkontrollen etc.
Außerdem befassen sich einigen Eingaben damit, dass Fußballvereine an den Kosten
für den Einsatz von Beamten zur Sicherung der Spiele und der An- und Abfahrt der
Fans beteiligt werden sollten.
Bürger machen sich Gedanken um unsere Sicherheit.
Bundespolizeibeamte indes nutzen das Petitionswesen für Beschwerden wenn z.B.
eine aus ihrer Sicht berechtigte Beförderung durch den Dienstherren versagt
bleibt, oder Beschwerde über unzureichende Ausstattungen mit Schutzwesten oder
nicht genehmigten Sonderurlaub für eine Bildungsveranstaltung (die dann nach
Befassen des Petitionsausschusses, Stellungnahme BMI, genehmigt wurde) Allein
hierzu lagen 6 Petitionen vor.
Alle Petitionen werden von den Mitgliedern des Ausschusses gewissenhaft und
sorgfältig geprüft und die Petenten erhalten einen Beschluss des Deutschen
Bundestages.
Deshalb stellt sich die Frage, ob wir eine weitere Möglichkeit der Beschwerde in
Form des unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes nach Maßgabe von Bündnis
90/ die Grünen brauchen?
Meine erste Bewertung: Nein,
Wie ich ausgeführte- Es gibt mehrere Beschwerdesystem und alle funktionieren in
der Praxis und werden genutzt.
Ich denke aber wir sollten das Anliegen von Bündnis 90/Die Grünen offen
diskutieren.
Entscheidende Frage für mich:
Kann es zu Verbesserungen für das Ansehen und die Anerkennung von Polizistinnen
und Polizisten in der Bevölkerung führen?
Und kann das Verhältnis innerhalb der Bundespolizei, das nach meiner Ansicht gut
ist, weiter verbessert werden?
Und kann Einzelproblemen besser abgeholfen werden?
Aber Voraussetzung ist, eine Debatte hierüber muss ohne jegliche Form des
Populismus, ohne pauschale Vorverurteilungen und Schuldzuweisungen an Beamte und
ohne Misstrauen zu säen, geführt werden.
Eine neue Beschwerdestelle in Form eines Polizeibeauftragten klingt erst einmal
attraktiv.
Aber in Deutschland wird immer nach einen Beauftragten gerufen, wenn anscheinend
etwas nicht funktioniert, in der Hoffnung er kann es richten,
das klingt immer erst einmal gut.
Jedoch darf man nicht vergessen, dass dies alles Geld kostet- und zwar
Steuergeld.
Hier werden im Gesetzentwurf 1,85 Mio. Euro jährlich veranschlagt, wenn dies wie
im Entwurf gewollt analog zum Wehrbeauftragten aufgebaut werden soll, kann man
bald auch von über 4 Mio. Euro jährlich sprechen, denn so hoch ist der Etat des
Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages.
Die Frage stellt sich, was die Bundesländer bei diesem Thema tun:
Es gibt bis jetzt 2 Beispiele:
In Rheinland-Pfalz wurde vor kurzem ein unabhängiger Polizeibeauftragter des
Landes eingeführt, in Baden-Württemberg soll ein Bürgerbeauftragter, der auch
als Polizeibeauftragter fungieren soll, eingesetzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich plädiere heute dafür, dass wir uns die
Wirkungsweise dieser Beauftragten in den Ländern und der Vertrauensstelle beim
Bundespolizeipräsidenten genauer anzuschauen, wie erfolgreich sind, was können
sie leisten und werden sie akzeptiert.
Erst danach sollten wir entscheiden ob wir eine weitere Beschwerdestelle
brauchen oder ob die hier aufgezeigten verschiedensten Möglichkeiten der
Beschwerde, die bereits existieren, ausreichen
Hier müssen wir aber auch neben einem erfolgreichen Wirken, Kosten und Nutzen
einer Beschwerdestelle genauestens abgewogen werden.
Gesamtzielstellung muss sein, was dient einem besseren Verhältnis zur
Bundespolizei und was hilft für eine bessere Zufriedenheit in der Bundespolizei.
Wir freuen uns auf konstruktive Beratungen