27.01.2017

 

Redebeitrag Günter Baumann, MdB

TOP 28 a) und b) am Freitag, den 27. Januar 2017:
 

a) 1. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik (Drs. 18/10939)

b)
1. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes- Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglich großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz) (Drs. 18/10941)

 

 

 

Sehr geehrte Herr Präsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

Die Sicherheitslage in Deutschland hat sich verändert, aber nicht nur die Zunahme von terroristischen Bedrohungen erschüttert das Sicherheitsgefühl eines Einzelnen, sondern auch die hohe Zunahme an Kriminalität z.B. Wohnungseinbrüche. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten bereits viele, wie ich finde, gute Gesetze in Sachen Sicherheit auf den Weg gebracht. Aber uns als Staat gebietet es weitere Verbesserungen für den Schutz unserer Bürger zu treffen.

Der Staat hat das Gewaltmonopol und muss für seine Bürgerinnen und Bürger handeln.

 

Wir legen heute zwei weitere Gesetze zur Verbesserung der Sicherheit und zum Schutz von Polizistinnen und Polizisten in 1. Lesung vor.

 

Videoverbesserungsgesetz

 

Die Diskussion zur Nutzung von Videotechnik zur Überwachung von öffentlichen zugänglichen Plätzen ist nicht neu.

 

Diesen Vorschlag hatte der Bundesinnenminister bereits im August 2016 unterbreitet.

 

In aktuellen Umfragen befürworten bis zu 80 Prozent der Bevölkerung den verstärkten Einsatz von Videoüberwachung. Nach dem menschenverachtenden Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz an der Berliner Gedächtniskirche, bei dem am             19. Dezember 12 Menschen starben und etwa 50 zum Teil lebensbedrohlich verletzt wurden, bekam die Diskussion neue Dynamik. Dies gerade mit Blick darauf, dass in Berlin der Einsatz von Videotechnik restriktiv gehandhabt wird. Die Polizei musste die Bevölkerung um private Handyaufnahmen zur Aufklärung des Geschehens bitten.

 

Als in der Nacht zum 1. Weihnachtsfeiertag 7 Jugendliche in der Berliner U-Bahnstation Schönleinstraße einen schlafenden Obdachlosen anzündeten, gelang der schnelle Fahndungserfolg nur durch die Hilfe der Aufnahmen der Videoüberwachungskameras der U-Bahnstation.

 

Es ist hier von der Opposition bereits oft herangezogen worden, dass eine verstärkte Videoüberwachung nicht gebraucht wird, da sie nicht präventiv wirkt. Sicherlich lassen sich gezielte Terroranschläge oder schwerste Straftaten nicht grundsätzlich verhindert werden, aber für die Ermittlung ist sie doch immanent wichtig.                                               Die Aufzeichnungen dienen zur Rekonstruktion der Tat, zur Identifizierung und Überführung der Täter.

 

So hätte die Polizei im Zusammenhang mit dem Anschlag am Breitscheidplatz womöglich früher Ansatzpunkte dafür gehabt, dass Amri wohl der mutmaßliche Täter war und eher eine Fahndung nach ihm einleiten können.

 

Außerdem kann eine Videoüberwachung sehr wohl im 2. Schritt präventiv wirken. Tatverdächtige stellen sich aufgrund des öffentlichen Fahndungsdruck, wie im bereits genannten Fall des Obdachlosen in der Berliner U-Bahn.

 

Somit ist die Nutzung der Videotechnik ein wichtiger Baustein zur Gefahrenabwehr und bei der Bekämpfung und Verhinderung von Straftaten.

 

Mit der Änderung des Paragraphen 6b Bundesdatenschutzgesetz soll bei der Abwägungsentscheidung der Datenschutzbehörden der Länder künftig der Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen bei geplanten Videoüberwachungen durch private Betreiber in öffentliche zugänglichen Räumen, wie Einkaufzentren, Sportstätten oder auch Weihnachtsmärkten, stärker berücksichtigt werden. In diese Regelung sollen außerdem alle Fahrzeuge des Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs sowie die dazugehörigen Einrichtungen wie Busbahnhöfe und Fährterminals einbezogen werden.

 

 

 

Mobile Videtechnik/ BodyCams

 

Die verbale und körperliche Überschreitung von Grenzen gegenüber Polizeibeamten von Bund und Ländern, gehört leider seit Jahren zum Alltagsbild. Die Hemmschwelle der Täter sinkt und die gefährlichen Körperverletzungsdelikte gegen Polizeivollzugsbeamten nehmen stetig zu. So wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik Polizeivollzugsbeamte im Jahr 2015 in 14 756 Fällen Opfer leichter Körperverletzung, dies ist ein Anstieg um 8,6% zum Vorjahr, und in 4071 Fällen gar Opfer von gefährlicher und schweren Körperverletzungsdelikten, Anstieg um 4,9 Prozent. Außerdem richteten sich gegen unsere Sicherheitskräfte 64 371 Straftaten. 2015 gab es 7 Tötungsversuche gegen Polizisten.

Die Hemmschwellen sind total gesunken oder gar nicht mehr vorhanden.

Jeder Angriff auf einen Polizisten ist ein Angriff auf unseren Rechtsstaat und kann von keinem Demokraten toleriert werden.   

 

Ich betrachte diese zunehmende Gewaltbereitschaft gegen diejenigen, die sich für die Sicherheit und Wohlergehen der Bevölkerung einsetzten seit Jahren mit großer Sorge. Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und – beamten, Feuerwehrleuten und Rettungskräften kann in keinster Weise akzeptiert werden.

 

Wie kann man dem entgegenwirken? Diese Frage beschäftigt uns in der CDU/CSU- Bundestagfraktion auch bereits seit Jahren.

 

Ein Baustein für die Bundespolizei kann die Einführung mobiler Videotechnik, sogenannter BodyCams sein. Mehrere Bundesländer (Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden- Württemberg, Saarland und Hamburg) haben dies in Pilotprojekten getestet und nach positiven Bilanzen in ihren Landespolizeigesetzen verankert. Die Bundespolizei startete Ende Januar 2016 einen einjährigen Feldtest.

 

In Frankfurt startete 2013 der erste Feldversuch mit dem Ziel die erschreckenden Zahlen an Aggressionen und das hohe Gewaltpotential gegen die Polizeivollzugsbeamten wenigstens teilweise einzudämmen. Die Ergebnisse in Hessen waren mit einem Rückgang von Angriffen auf Polizeibeamte um 38 Prozent so eindeutig, dass Hessen entschied, ab Anfang 2016 alle Dienststellen des Landes für bekannte Gewaltbrennpunkte mit BodyCams auszustatten.

Wenn es diese Möglichkeiten der Reduzierung der Gewalt gegen Polizisten gibt, sind wir verpflichtet diese einzusetzen.

 

Die Kameras bewirken ein deeskalierendes Verhalten des Gegenübers, sobald die Kameras sichtbar sind bzw. deren Einsatz angekündigt wird. Die Kooperationsbereitschaft in Kontrollsituationen nimmt deutlich zu und die sonst oft zu beobachtenden Solidarisierung unbeteiligter Dritter ist kaum noch zu beobachten.

 

Wie wir auch heute hier wieder in dieser Debatte die Anschuldigungen der Opposition /oder Linke gehört haben: hier ist immer wieder die Rede von permanenter Videoüberwachung, Überwachungsstaat, Missachtung der Persönlichkeitsrechte, Missachtung der informationellen Selbstbestimmung, Manipulation- und Selektion der Videoaufzeichnungen durch die Polizei. Zudem würde die mobile Videotechnik keine Straftaten verhindern.

 

 

Natürlich können BodyCams Straftaten nicht komplett verhindern.      Aber auch zum Beispiel die beste und hochwertigste Einbruchsicherung nützt nicht hundertprozentig vor Einbruch. Lassen sie deshalb ihre Türen gleich offen stehen??       Ich denke nicht.

 

Auch die Befürchtung einer permanenten Überwachung teile ich nicht. Die Aufnahmen mit den BodyCams erfolgen ausschließlich anlassbezogen und nach einem eindeutigen und klaren Hinweis darauf.

 

Die Sicherheit unserer Bundespolizistinnen und Bundespolizisten, die tagtäglich ihre Gesundheit riskieren um die Bevölkerung zu schützen, muss bei diesem Punkt im Fokus stehen und die Einführung der BodyCams ist ein Baustein, um  den Schutz für unsere Polizisten zu erhöhen. Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Ankündigung von Videoaufzeichnungen eine deeskalierende Wirkung zeigte und dass sowohl verbale wie körperliche Angriffe gegen Polizeivollzugsbeamte sich deutlich verringerten.

 

 

Kennzeichenerfassung

 

Zum Schutz der Bevölkerung insbesondere bei grenzüberschreitenden Kriminalität soll der Einsatz von automatischer Kennzeichenerfassung eingeführt werden. Dies dient der Bundespolizei als Unterstützung für ihre grenzpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung.  Gerade bei Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, bei tatsächlichen Anhaltspunkten zu Straftaten, die gegen die Sicherheit der Grenzen gerichtet sind, ist dies ein sinnvolles und hilfreiches Mittel, um bei grenzüberschreitenden Sachverhalten unverzüglich reagieren und die Fahndungsintensität erhöhen können. Eine anlasslose automatische Kennzeichenerfassung ist demnach nicht erlaubt! Auch wenn dies gern die Opposition behauptet!

 

Diese Regelung berücksichtigt somit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Urteil vom 11.März 2008.

(es bedürfe ein enger Verwendungszweck, der die anlasslose und flächendeckende Erfassung ausschließt)

 

Der Einsatz der automatischen Kennzeichenerfassung soll grundsätzlich im Benehmen mit der jeweiligen örtlichen Polizeidienststelle der Polizei der Länder erfolgen.

Übrigens eine Praxis die in den meisten Bundesländern seit mehreren Jahren Praxis ist.

 

Bei den jüngsten Anschlägen wurde erneut deutlich, dass es erforderlich werden kann, umgehend Fahndungsmaßnahmen nach Fluchtfahrzeugen oder Fahrzeugen von Helfern und Unterstützern einzuleiten. Dabei kommt der Fahndung im Grenzgebiet eine besondere Bedeutung zu. Auch hier ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Einsatz der automatischen Kennzeichenerfassung durch die Bundespolizei nur zugelassen ist, wenn die Begehung einer Straftat von erheblicher Bedeutung durch die ausgeschriebenen Personen oder mittels des ausgeschrieben Fahrzeugs bevorsteht oder andauert.

 

Das System wird die Fahndung im Grenzbereich wirkungsvoll unterstützen.

 

Ist das erfasste Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand vorhanden, werden die erfassten Daten sofort gelöscht.

 

 

Aufzeichnung von Notrufen

 

Es gehen häufig dringliche Anrufe in den Leitstellen der Bundespolizei ein, insbesondere aus dem Bereich der bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung. Diese reichen von Suizidandrohungen, Bombendrohungen, Hinweise auf verlorene oder herrenlose Gegenstände. Eine Aufzeichnung ist erforderlich, um Gespräche bei Bedarf erneut anhören zu können. Auf diese Weise können Missverständnisse ausgeschlossen oder Gespräche zur weiteren Sachverhaltsaufklärung ausgewertet werden.

 

Die Gespräche werden temporär gespeichert und sind sofort und spurenlos zu löschen, wenn sie nicht mehr zur Aufgabenerfüllung benötigt werden, spätestens jedoch nach 30 tagen. Eine weitere Verarbeitung ist nur zulässig, soweit sie im Einzelfall zur Verfolgung von Straftaten oder zur Gefahrenabwehr erforderlich ist.

Auch eine seit Jahren übliche Praxis bei den Landespolizeien.

 

Zwei weitere Gesetze die helfen unsere Sicherheit in Deutschland zu verbessern und den Polizistinnen und Polizisten mehr Schutz geben sollen.